10 Januar 2008

NewsPlus 10.01.08

Ihr Lieben!

Es ist wieder News-Plus Zeit – (das „Plus“ steht übrigens für den Kommentar.) – und ich wünsche Euch noch eine nette Restwoche

und ein schönes Wochenende,

aus den Anden, Eure Iris

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Nachrichten: Axel Jeroma

Kommentar: Dr. Eckehart Wolff

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Nachrichten am 10. Januar 2008 - Deutsche Abteilung Radio HCJB

Regierung friert Milchpreis ein

Feste Preise für die Milch: Ecuador hat in der vergangenen Woche den Milchpreis vorübergehend eingefroren. Per Dekret legte Präsident Rafael Correa fest, dass der Liter haltbare Milch nicht teurer als 60 Cent sein darf. Diese Regelung soll vor allem der armen Bevölkerung zu Gute kommen. Zugleich verhängte Correa ein Exportverbot von ecuadorianischem Reis. Wie lange das Preisdiktat und das Ausfuhrverbot gelten, ließ der Staatschef offen.

Reis im Bier stößt der Regierung sauer auf

Reis im Bier unerwünscht: Eine große Brauerei in Ecuador hat sich vor kurzem eine Rüge der Regierung eingehandelt. Der Grund: Der Bierproduzent kaufte in großen Mengen Reis zum Brauen seines Gerstensaftes auf. Dadurch stieg der Preis für den Reis, der in Ecuador zu den Grundnahrungsmitteln der Bevölkerung zählt. Vor allem ärmere Familien sind dringend auf günstigen Reis angewiesen. Auf Dauer werde man dieser Entwicklung deshalb nicht tatenlos zusehen, warnte die Regierung die Großbrauerei.

Dollar senkt Inflation und Arbeitslosigkeit

Einführung des Dollars bringt Erfolge: Zum achten Jahrestag der Dollar-Einführung in Ecuador am 9. Januar haben Wirtschaftsfachleute auf positive Effekte dieser Maßnahme hingewiesen. So sei die Inflation in Ecuador von 90,4 Prozent im Januar 2000 auf 2,9 Prozent Ende Dezember 2007 gesunken. Ebenfalls positiv ausgewirkt habe sich die Dollar Einführung auf den Arbeitsmarkt. Seitdem der Dollar als Landeswährung eingeführt wurde, sei die Arbeitslosigkeit von 14,4 auf 7,5 Prozent gesunken. Eines habe der Dollar jedoch nicht bewirkt, räumten die Wirtschaftsfachleute ein: die Beseitigung der ungleichen Lebensverhältnisse zwischen Arm und Reich in Ecuador.

Einbrüche und Überfälle auf Läden nehmen deutlich zu

Ladenbesitzer in Quito leben unsicher: Die Zahl der Einbrüche und Überfälle auf Geschäfte in Quito hat sich im vergangenen Jahr nahezu verdoppelt. Das geht aus einer in der vergangenen Woche ver-öffentlichten Statistik der Polizei hervor. Demnach registrierten die Behörden im abgelaufenen Jahr 1112 solcher Straftaten. 2006 waren 691 Fälle dieser Art angezeigt worden. Nach Angaben der Polizei lassen sich die Täter selbst von Alarmanlagen oder Wachdiensten nicht abschrecken. In einigen Fällen steckten die privaten Sicherheitsleute mit den Tätern unter einer Decke, so die Polizei weiter.

Bank kauft Namensrecht von Fußball-Stadion

„Banco Pichincha“ statt „Monumental“: Der berühmteste Fußballklub Ecuadors, der Barcelona Sporting Club Guayaquil, hat die Namensrechte seines Stadions an die größte Bank des Landes verkauft. Das Geldinstitut zahlt dafür in den nächsten vier Jahren insgesamt vier Millionen Dollar. Barcelona ist der erste Verein des Landes, der den Namen seiner Spielstätte für Geld abgetreten hat. Pikanterie am Rande: Der künftige Namensgeber, die „Banco Pichincha“, stammt aus der Hauptstadt Quito. Deren Vereine Liga und El Nacional zählen zu den größten Widersachern des ecuadorianischen Rekordmeisters von der Küste. Sie dürften sich über die Finanzspritze „ihrer“ Bank an die Konkurrenz am meisten ärgern.

Weltfußballer übergibt Trophäe seiner Kirchengemeinde

Evangelikale Kirche beherbergt besondere Auszeichnung: Der Brasilianer Kaka hat den Pokal für seine Ehrung als Weltfußballer 2007 seiner Kirche in Sao Paulo vermacht. In der vergangenen Woche überreichte er die Trophäe bei einem von 5000 Menschen besuchten Gottesdienst. Der Spieler des AC Mailand bekannte sich in seiner Ansprache eindrucksvoll zum Glauben an Jesus Christus. „Ich danke Gott für diesen Pokal. Deshalb möchte ich die Auszeichnung von nun an auch in seinem Haus lassen, damit alle sie sehen können“, fügte Kaka hinzu.

Sonne in den Bergen, heftiger Regen an der Küste

Zum Schluss wie immer der Blick aufs Wetter: Sonnenschein satt gab es in der vergangenen Woche im Andenhochland. Die Temperaturen kletterten tagsüber weit über die 20-Grad-Marke. An der Küste dagegen regnete es in Strömen. In einigen Orten kam es nach stundenlangen Niederschlägen zu teils starken Überschwemmungen. Freuen über den Regen konnten sich nur die Landwirte an der Küste. Vor allem die Reisbauern hoffen nun auf eine gute Ernte.

Der Kommentar von Dr. Eckehart Wolff

Die Politik in Ecuador hat sich zwischen Weihnachten und Neujahr nur wenig Pause gegönnt. Vor allem die Verfassungsgebende Versammlung arbeitet weiter mit Hochdruck am neuen Grundgesetz des Landes. In unserem Kommentar der Woche analysiert Eckehart Wolff die politische Lage des Landes Anfang 2008.

Die politische Situation spitzt sich zu. Die Verfassungsgebende Versammlung ist am Arbeiten. Sie legt Fleiß an den Tag. Nur die Feiertage waren frei. Ansonsten senden Rundfunk, Fernsehen und berichten die Zeitungen täglich aus Montecristi. Ein neues Zentrum der Macht ist dort entstanden. Regiert wird weder in Quito noch in Guayaquil. Montecristi ist das Symbol für den Neuanfang wie damals die Revolution Eloy Alfaros vor gut 100 Jahren, die das Land in eine neue Phase katapultierte.

Und der Präsident geht sehr geschickt dabei vor. Er ist bei den Sitzungen der Verfassungsgebenden Versammlung nur sporadisch präsent und scheint darauf keinen Einfluss zu nehmen. Aber natürlich reißt die Information zwischen Montecristi und dem Präsidenten zu keiner Zeit ab. Zu treu sind seine Gefolgsleute. Correa hat eine breite Mehrheit und kann alles durchsetzen, was er oder seine Verbündeten wollen. Der Präsident reist unermüdlich im In- und Ausland herum, ist überall präsent. Er möchte so die Verbindung zu den Menschen nicht verlieren und Stimmungen rechtzeitig erkennen.

Geschickt auch das Taktieren der Regierung bei Gesetzen. Da wird eine 10%ige Besteuerung der Schulgebühren privater Einrichtungen angekündigt – es gibt breite Proteste. Dann wird das Vorhaben aufgegeben. Was aber bleibt, ist die höhere Besteuerung der Reichen. Der Höchststeuersatz bei $ 80.000 und mehr Jahreseinkommen liegt bei 35 Prozent. Die unteren Lohngruppen bleiben steuerfrei. Das bringt die Zustimmung der Mehrheit der Menschen. Zudem erhält das Finanzamt mehr Machtbefugnisse und kann Steuersünder sofort ins Gefängnis schicken. Wer wäre da in einem Land höchster Korruption nicht auf Seiten der Regierung?

Ein weiterer Zankapfel der Steuerreform sind die 25% Steuerbestimmung der Bürger. Ich kann hierzulande als Steuerzahler bis zu 25% bestimmen, wohin die Steuer gehen soll. Begünstigt wurden in erster Linie die Städte und Kommunen. Da hat der Bürger den Fortschritt gesehen und genossen. Einer zentralistischen Regierung ist das ein Dorn im Auge. Die Bürgermeister haben sich deshalb gegen die Regierung zusammengeschlossen. Sie wollen verhindern, dass sie weniger Steuereinnahmen bekommen. Präsident Correa hat daraufhin zu einem Weihnachtsessen der Bürgermeister nach Quito eingeladen. Ergebnis: In einigen Punkten ließ er ihnen die Steuerselbstbestimmung. Damit ist der gemeinsame Protest der Kommunen zusammengebrochen.

Des weiteren ist Montecristi zu einem neuen Wallfahrtsort geworden. Täglich pilgern Tausende dorthin, um der Regierung ihre Zustimmung zu bekunden. Gegner werden jedoch ferngehalten. So wollte der Bürgermeister von Guayaquil in einem Protestzug dorthin reisen. An der Provinzgrenze wurde er aufgehalten. "Er könne zu Fuß alleine nach Montecristi kommen", war die Antwort der Polizei. Das zeigt an, dass der Präsident sowohl das Militär als auch die Polizei wohl 100%ig hinter sich hat. Deren Löhne wurden genauso erhöht wie die der Armen. Zum Jahreswechsel stiegen die Mindestlöhne um 41,6%. Einfache Arbeiter erhalten 30 Dollar mehr. Und das alles per Präsidentendekret, denn ein Parlament gibt es seit einem Jahr praktisch nicht mehr. Genauso wurden die Zinsen der Banken von oben verordnet gesenkt. Damit sollen Kredite erleichtert werden.

Ecuador befindet sich in einer seltsamen Situation: Im Prinzip herrscht ein Dauerwahlkampf des Präsidenten. Dauermanifestationen seiner Anhänger sind gewünscht. Die Massen sind begeistert. Dazu kommen Geschenke wie Steuererleichterungen. Konflikte wie Schwierigkeiten in Ölfördergebieten regelt der Präsident mit Militär und Polizei. Da darf nicht einmal die Verfassungsgebende Versammlung hineinreden. Zunehmend aber werden die Maßnahmen des Präsidenten von der Verfassungsgebenden Versammlung bestätigt und damit legalisiert. Die Opposition wird mit Maximalideen herausgefordert. Dann gibt man etwas nach und setzt seine Richtung durch, bevor sich großer Widerstand bilden kann. Das ist eine äußerst clevere Politik. Correa ist sicher der geschickteste Politiker der vergangenen Jahrzehnte. Dennoch sehen die meisten ecuadorianischen Kommentatoren in seiner Politik einige Merkmale einer beginnenden Diktatur.