08 Januar 2008

NewsPlus 3.Jan.08

Einmal wöchentlich sendet die deutschsprachige Redaktion bei der Andenstimme die Nachrichten im Programm "Neues unter der Äquatorsonne". Diese Sendung kann auch online gehört werden. Weitere Infos: www.andenstimme.org.


Hier heute die Nachrichten schriftlich. Redaktion Axel Jeroma:

Sonniger Jahreswechsel im Andenhochland

Der Blick aufs Wetter: Das alte Jahr hat sich im Andenhochland mit viel Sonnenschein verabschiedet. Zwischen Weihnachten und Neujahr gab es nur vereinzelt Regen. Die Temperaturen stiegen tagsüber wieder über die 20-Grad-Marke an. So konnten die Einwohner Quitos den traditionellen Silvesterumzug auf der Avenida Amazonas im Polo-Hemd oder Sommerkleid verfolgen.

Regierung erhöht gesetzlichen Mindestlohn

Mindestlohn steigt um 30 Dollar: Die ecuadorianische Regierung hat beschlossen, den gesetzlichen Mindestlohn in diesem Jahr von 170 auf 200 Dollar anzuheben. Das entspricht einer Steigerung von über 17 Prozent. In den nächsten Jahren soll das monatliche Mindesteinkommen für eine vollzeitliche Arbeit weiter schrittweise gesteigert werden. Ziel sei es, so ein Sprecher der Regierung, dass im Jahr 2011 jeder Arbeiter im gewerblichen Sektor einen Mindestlohn von 290 Dollar bekomme.

Neue Erbschaftssteuer und Grundsteuer beschlossen

Verfassungsgebende Versammlung beschließt Änderungen im Steuergesetz: In Ecuador sollen große Erbschaften künftig stärker besteuert werden. Das hat die Verfassungsgebende Versammlung vergangene Woche entschieden. Betroffen sind Erbschaften ab einer Höhe von 50.000 Dollar. Der Höchstsatz der Erbschaftssteuer beträgt 35 Prozent. Dieser wird jedoch erst bei Erbschaften ab 600.000 Dollar erhoben. Ebenso beschlossen wurde die Erhebung einer Grundsteuer bei Landbesitz von über 20 Hektar. Allerdings ist noch nicht geklärt, wie hoch der Obolus sein wird, den der Staat verlangt. Berechnungen zufolge betrifft die Grundsteuer weniger als zehn Prozent der ecuadorianischen Bevölkerung. Das ist beabsichtigt: Die Steuer soll vornehmlich die Großgrundbesitzer treffen.

Geschäft mit Thunfisch floriert

Einnahmen deutlich gestiegen: Der Export von Thunfisch hat Ecuador im vergangenen Jahr ein Export-Plus beschert. Die Einnahmen betrugen im Zeitraum von Januar bis Oktober 2007 rund 280 Millionen Dollar. Das sind etwa 35 Millionen Dollar mehr als 2006. Allein mit Deutschland hat sich das Geschäft auf 30 Millionen Dollar verdoppelt.

Mehr Wachmänner als Polizisten in Ecuador

Schutz mehrheitlich von privater Seite: In Ecuador gibt es mehr private Wachmänner als Polizisten. Das geht aus einer vor kurzem veröffentlichten Statistik der staatlichen Polizeibehörde hervor. Demnach sind im Land rund 42.000 Wachleute offiziell registriert. Sie arbeiten für 1062 Firmen. Die Zahl der Polizisten beträgt der Statistik zufolge etwas mehr als 39.000. Die im Verhältnis hohe Zahl an privaten Wachmännern hat einen ernsten Hintergrund. Aus Angst vor Überfällen oder Diebstählen leistet sich fast jede Einrichtung mit Publikumsverkehr zusätzlichen privaten Schutz.

Touristen strömen an die Strände

Hotels melden gute Auslastung: Viele Ecuadorianer hat es zum Jahreswechsel an die Strände des Landes gezogen. Rund 120.000 Urlauber ließen sich an Neujahr die Sonne auf den Bauch scheinen. Die Hotels an der Küste waren zu 90 Prozent ausgelastet, wie ein Sprecher des Hotelverbandes mitteilte. Nur wenige Gäste zog es dagegen in die Touristenhochburgen der Sierra wie zum Beispiel Baños.

Erste Fußball-Liga ändert Spielsystem

42 Spiele bis zum Meistertitel: Die ecuadorianische Fußball-Liga hat eine Reform des Spielsystems beschlossen. Eine einfache Lösung kam dabei jedoch nicht zustande. Der Modus der ersten Liga sieht wie folgt aus: Zunächst spielen die 12 Teams in einer Runde jeder gegen jeden mit Hin- und Rückspiel. Anschließend werden die Mannschaften auf zwei Gruppen zu je sechsTeams aufgeteilt. Wiederum gibt es Hin- und Rückspiele. Die besten Sechs aus den zwei Hauptrunden spielen schließlich in einem Endturnier den Meister aus. Absteigen muss in diesem Jahr nur eine Mannschaft. Die erfolgreichsten Teams müssen insgesamt 42 Partien austragen. Die Saison dauert vom 10. Februar bis 21. Dezember.

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KOMMENTAR - von Dr. Eckehart Wolff

Das Jahr 2008 soll Ecuador eine neue Verfassung bringen. Die Hoffnung der Menschen, dass dann endlich Ruhe in der Politik einkehrt sind groß. Viele wünschen sich mehr Gerechtigkeit und etwas mehr Wohlstand. In unserem Kommentar der Woche nimmt Eckehart Wolff Stellung zu einigen bevorstehenden Änderungen.

Was wird uns das neue Jahr in Ecuador bringen? Ich meine sehr viele Änderungen. Die Verfassungsgebende Versammlung hat in der Küstenstadt Montechristi die Arbeit aufgenommen. Die einzelnen Kommissionen haben ihre Zeitpläne bis Mai 2008 festgelegt. Dann sollte alles unter Dach und Fach sein. Bis Mitte nächsten Jahres wird sich das politische Leben hoffentlich wieder normalisieren. Dann wird der Präsident das Land 1½ Jahre ohne Parlament per Dekret regiert haben, hier und da mit Wahlgeschenken. Aber die Richtung ist auch klar. Es soll mehr Ordnung und Gerechtigkeit herrschen. Das wird an mehreren Beschlüssen klar, die teilweise schon lange vor Mitte 2008 in Kraft treten.

Bereits in den vergangenen fast 10 Jahren wurde das Finanzamtsystem ausgebaut. Davor war es gang und gäbe, Waren ohne Quittung zu kaufen. Dann waren sie 10% billiger. Man sparte sich schlichtweg die Mehrwertsteuer. Was gab es für einen Aufschrei, als die ersten Geschäfte wegen Steuerhinterziehung für eine Woche geschlossen wurden, mit großen Plastikbändern verklebt mit der Aufschrift: !Dieses Geschäft hat den Staat und das Finanzamt betrogen!" Heute kann man noch so sehr die Mehrwertsteuer sparen wollen. Der Geschäftsinhaber lässt sich darauf nicht mehr ein. Auch viele Berufsgruppen geben brav ihre Einnahmen an. Und so sprudelten die

Staatseinnahmen. Plötzlich war und ist Geld für den Straßenbau oder andere öffentliche Vorhaben da.

Mehr Ordnung zeigt sich auch darin, dass ab März 2008 jeder Fahrzeughalter verpflichtet ist, eine Autoversicherung über mindestens $ 5.000,- abzuschließen. Das wird polizeilich kontrolliert werden. Eine Schadensabsicherung von mindestens $ 5.000,- klingt wenig, aber es ist ein Anfang. Hoffentlich gibt es dadurch weniger Fahrerfluchten nach Unfällen. Dazu kommt, dass jeder Führerscheinbesitzer im nächsten Jahr eine theoretische Prüfung ablegen soll. Schon seit 3 Jahren hat sich das Fahrverhalten deutlich gebessert, seit es Pflicht ist, als Neuling einen dreiwöchigen Führerscheinkurs mit Prüfung zu machen. Jetzt sollen vor allem die Berufsfahrer nochmals die Schulbank drücken, was ihnen allerdings gar nicht passt.

Für viele geplante Maßnahmen braucht der Staat weiteres Geld. So sollen jetzt die Steuern auf Tabakwaren und Alkohol ungefähr verdoppelt werden. Die Erbschaftssteuer wird ebenfalls höher, besonders bei Reichen. Besonders umstritten sind die 10% Steuern auf Schul- und Studiengebühren privater Institutionen über einem Gesamtpreis von $ 5.000,- pro Jahr. Damit sollen ebenfalls die Reichen zur Kasse gebeten werden. Aber in diesem Fall trifft es auch Arme, denn jede solche Schule ist verpflichtet 10% der

Schüler aus eigenen Mitteln zu unterstützen.

Dies sind nur einige der bisher bekannt gewordenen Einzelheiten. Viel wichtiger wird die neue Struktur des Staates sein. Wer beaufsichtigt die Banken? Der Präsident direkt? Welcher Spielraum wird der Privatinitiative beigemessen? Die Richtung ist absehbar. Der Staat wird wieder stärker. Private Institutionen werden zahlen müssen. Insgesamt kommt aber wohl mehr Ordnung in das Land, aber auch mehr Überwachung und Kontrollen. Ob damit die Korruption gebremst wird, ist zu bezweifeln. Die meisten Gelder werden nämlich bei öffentlichen Aufträgen wie beim Straßenbau veruntreut. Da rinnen dem Staat die Millionen wieder aus der Tasche. Ich glaube kaum, dass es der Verfassungsgebenden Versammlung gelingt, diesen Sumpf trocken zu legen.

Fragen?

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